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Das Trierer städtische Museum in der NS-Zeit

Das Stadtmuseum Simeonstift ist die erste Trierer städtische Institution, welche die Zeit des Nationalsozialismus strukturiert aufgearbeitet hat. Da während des Zweiten Weltkrieges der größte Teil an Akten und Schriftverkehr des Museums zerstört wurde, waren die Forschungen auf die wenigen noch im Museum vorhandenen Akten beschränkt. Weitere Hinweise konnte die Trierer Kunsthistorikerin Bettina Leuchtenberg im Stadtarchiv Trier sowie in Archiven in Koblenz und Berlin ausfindig machen. Ausdrücklich hat die Museumsdirektorin Dr. Elisabeth Dühr die Untersuchungen 2011 in externe Hände gegeben, um die Geschichte unvoreingenommen erforschen und bewerten zu lassen.

Die städtischen Sammlungen wurden seit den 20er Jahren von Friedrich Kutzbach in der Steipe und im roten Haus betreut, bevor er sich ausschließlich der Bauforschung und Denkmalpflege der Stadt Trier widmete. Von 1935 bis 1945 leitete der aus Wernigerode stammende Kunsthistoriker Dr. Walter Dieck, seit 1932 Mitglied der NSDAP, das städtische Museum, modernisierte die Räume und zog 1937/38 mit der Sammlung in den ehemaligen Marstall des Kurfürstlichen Palais. Hier war geplant, ein „Großmuseum der Deutschen Westmark“ einzurichten, welches alle Trierer Museum unter einem Dach zusammenfassen sollte. Bis zum Ende der Nazi-Diktatur verfügte das städtische Museum hier über repräsentative Räume, die der Direktor mit mehr als 30 Ausstellungen bespielte. Nach dem Kriegsausbruch 1939 waren alle wertvollen Bestände in Sicherheit gebracht worden, so dass der größte Teil der Bestände jahrelang nicht präsentiert werden konnte.

Um die Kulturinstitution auch für propagandistische Zwecke nutzen zu können, beschlossen die Trierer Stadtverwaltung mit Genehmigung des Regierungspräsidenten, Kunstgegenstände zu verkaufen, die „nichtdeutscher Herkunft“ entstammten und somit nicht in die Ausrichtung des Museums auf „heimatliche Grundlage“ passten. So verlor die Stadt Trier Gemälde holländischer und italienischer Meister aus der Sammlung Hermes, italienische Kunst aus dem 13. bis 18. Jahrhunderts sowie zahlreiche grafische Arbeiten unter anderem von Dürer, Holbein und Rembrandt. Diese Beispiele machen deutlich, dass Verkäufe von Museumsbeständen kein adäquates Mittel sind, um Sammlungen aufzubauen. Kurz vorher wurde aus dem Stadtarchiv Trier zum selben Zweck bereits der zweite Band der Gutenberg-Bibel verkauft.

Von dem Erlös erwarb das Museum im geringen Umfang zeitgenössische Werke von Künstlern, die zum Teil auch in den großen Münchner Propagandaausstellungen zu sehen waren, darunter Skulpturen von Kurt Zimmermann und Annie Höfken-Hempel. Wichtiger jedoch war dem Kunsthistoriker Dieck, die Trierer Sammlung mit Werken zur Darstellung der lokalen und regionalen Geschichte ab 1500 zu vervollständigen. Noch heute bestücken zahlreiche von Dieck erworbene Werke die Dauerausstellung oder komplettieren die Sonderausstellungen. So erwarb er beispielsweise Zeichnungen von Ramboux, Gemälde von Januarius Zick, Simon Meister und Heinrich Foelix. Zeitgenössische Künstler lud er ein, Porträts der Stadt anzufertigen, die das Museum ankaufte. Diese Tradition lebt bis heute fort.

Bei der Planung der Ausstellungen musste sich Walter Dieck regelmäßig mit dem Landeskulturverwalter des Gaus Koblenz-Trier bzw. Moselland abstimmen, was mit wenigen Reibungsverlusten funktioniert hat. 1945 von seinem Amt suspendiert, kümmerte sich Dieck sofort um Wiedereinstellung. Im Entnazifizierungsverfahren wurde er von der französischen Besatzungsmacht als Mitläufer eingestuft. In seiner zweiten Amtsperiode von 1951 bis 1961 leitete der wieder das städtische Museum, welches sich seitdem im Simeonstift befindet.

Die ausführlichen Forschungsergebnisse sind in dem Aufsatz „Das Städtische Museum Trier in der NS-Zeit 1933-1945. Eine Institutionsgeschichte“ nachzulesen, der im Dezember 2012 im Kurtrierischen Jahrbuch erschienen ist.